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„Pflexit“ bedroht pflegerische Versorgungssicherheit

Foto: Adobe Stock / Mikalai Saevich

Das Deutsche Krankenhaus Institut meldete zum Ende des vergangenen Jahres für die Intensivstationen in Deutschlands Krankenhäusern eine drohende Zunahme der Fluktuation des pflegerischen Personals. Erstmals belegten mit diesen Umfrageergebnissen klare Daten, was gefühlt längst Realität in allen Pflegesettings ist und durch die Pandemie offenbar massiv verstärkt wurde: Pflegende schmeißen hin. Zumindest dort, wo die Belastung mit jeder Welle der Pandemie besonders erbarmungslos und für alle sichtbar zuschlug.

Die VdPB wollte es genauer wissen und nicht nur für die Intensiv- und Anästhesiepflege erfahren, ob das Phänomen „Pflexit“ auch in anderen Teilen der Berufsgruppe eine entsprechende Relevanz hat. Zudem wollten wir uns einen Überblick über die Situation in der professionellen Pflege in Bayern verschaffen und mögliche Auswirkungen der Pandemie erfassen. Unsere nicht repräsentative Umfrage unter beruflich Pflegenden zeigt, dass sich in allen Bereichen, vor allem aber in der Langzeitpflege ein deutliches „Pflexit“-Szenario abzeichnet. Während von den in der Akutpflege und in der ambulanten Versorgung tätigen Teilnehmenden bereits jeweils rund 20 Prozent ganz konkret an einen Ausstieg aus dem Pflegeberuf denken, beschäftigt sich von den Umfrage-Teilnehmenden aus der stationären Langzeitpflege sogar ein Drittel mit der Absicht, den Beruf zu verlassen.

Eine beunruhigende Erkenntnis zeichnet sich auch bei der Betrachtung der Altersverteilung ab: Abwanderungsgedanken hegen ältere Beschäftigte in der Pflege besonders häufig, doch ein deutlicher Peak ist auch bei der Gruppe zu erkennen, die sich mitten in ihrer Berufsbiografie befindet und noch entsprechend viele Jahre hochqualifizierte Pflege leisten kann, sofern sie in ihrem Beruf verbleibt. Gewinnt der „Pflexit“ in dieser Altersgruppe weiter so deutlich an Relevanz, reißt das auch langfristig tiefe Löcher in die Personaldecke, die ja schon heute dem tatsächlichen Bedarf nicht gerecht zu werden vermag. Auch wenn die Ergebnisse nicht repräsentativ sind, zeigt die VdPB-Befragung eine deutliche Tendenz, dass der „Pflexit“ die pflegerische Versorgung bedroht: Wenn über 24 Prozent der von uns Befragten beabsichtigen, ihren Beruf vollständig aufzugeben, und 22 Prozent derjenigen, die im Beruf bleiben wollen, ihre Arbeitszeit reduzieren wollen, geht dem Arbeitsmarkt ein erhebliches Personalvolumen und vor allem auch ein hohes Maß an fachlicher Expertise verloren.

Die Gründe für den anvisierten „Pflexit“ sind zwar vielfältig, gehen aber klar auf einen empfundenen Mangel zurück: Es fehlt an Zeit, Anerkennung, angemessener Entlohnung, Entlastung und zusätzlichem Personal. Die Antworten sind auffallend häufig gekennzeichnet durch Mangel- bzw. Überlastungsattribute. Dem „gering, wenig, keine, fehlend, mangelnd, kaum, nie” steht ein „immer, ständig, hoch, viel, Druck, oft” gegenüber. Auch die zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht verabschiedete, aber bereits politisch diskutierte einrichtungsbezogene Impfpflicht wurde hier genannt. Die Pandemie, so bestätigen die Umfrageergebnisse, hat als Brandbeschleuniger gewirkt. Über 70 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich durch die Belastungen der Pandemie viel häufiger mit Fluktuations- oder Ausstiegsgedanken befassen. Als mögliche Gegenmaßnahmen nannten die Befragten vor allem bessere Bezahlung, aber ganz deutlich auch verbesserte Rahmenbedingungen und bessere Planbarkeit. Eine angemessene Personalausstattung betrachteten immerhin 45 Prozent als wirksame Maßnahme gegen den Pflexit. Häufiger fiel hier beispielsweise das Stichwort „35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich”.

Für die VdPB, die schon mit ihrer Monitoringstudie auf die problematische Pflegepersonalbedarfssituation in Bayern hingewiesen hat, sind die Umfrageergebnisse der Pflexit-Befragung ein weiterer mahnender Hinweis, dass sich der Pflegenotstand noch dramatischer als bislang angenommen verschärfen wird, sofern nicht endlich Maßnahmen ergriffen werden, die schnell bei den beruflich Pflegenden ankommen und dort Wirkung zeigen. Eine Studie, die die Berliner Alice Solomon Hochschule während der dritten Welle der Pandemie durchführte und deren Ergebnisse Ende 2021 veröffentlicht wurden, bestätigt für das gesamte Bundesgebiet eindrücklich die Ergebnisse der VdPB-Befragung (zur Pressemitteilung der Alice Solomon Hochschule).

Die VdPB Befragung wurde im Zeitraum vom 19. bis zum 30. November 2021 als offene Onlinebefragung durchgeführt. Insgesamt nahmen 585 Personen teil.

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Georg Sigl-Lehner

Präsident der VdPB, Krankenpfleger, Lehrer für Pflegeberufe, Leiter einer Pflegeeinrichtung in Altötting

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Michael Wetterich

Kinderkrankenpfleger, Stationsleiter Kinderchirurgie
in Augsburg

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