In dieser Woche veranstaltete die VdPB erstmals einen Pflegepolitischen Jour Fixe und wagte gleich den großen Aufschlag: Gemeinsam mit der CSU-Abgeordneten Emmi Zeulner lud sie in der letzten Sitzungswoche des Bundestags vor der Sommerpause in Berlin zum Austausch über die politischen „Lessons learned“ aus der Corona-Pandemie und die bevorstehenden Herausforderungen für die Pflegepolitik in Deutschland und Bayern. Der Pflegepolitische Jour Fixe soll künftig auf allen politischen Ebenen stattfinden und konstruktive Diskussionen in Gang bringen.
Einer der wichtigsten Bausteine der VdPB-Arbeit ist pflegepolitisches Engagement, das in zwei Richtungen geht: Auf der einen Seite steht die Berufsgruppe mit vielfältigen Erwartungen an die Politik und auf der anderen Seite die Politik, die immer wieder auf die dringenden Forderungen der Profession aufmerksam gemacht und für die Erwartungen der Berufsgruppe sensibilisiert werden muss. Nach anderthalb Jahren Pandemie ist es an der Zeit, (Zwischen-)Bilanz zu ziehen, aus unterschiedlichen Perspektiven den Status quo zu beleuchten und Lösungsmöglichkeiten zu erörtern. Aus dem Stand gelang gleich beim ersten Pflegepolitischen Jour Fixe im Deutschen Bundestag in Berlin eine lebendige Diskussion, zu der Emmi Zeulner – ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin und Mitglied der Vereinigung – gemeinsam mit VdPB-Präsident Georg Sigl-Lehner begrüßte. Angereist waren neben dem VdPB-Präsidium Frank Wilzok, Anästhesiepfleger und 2. Bürgermeister von Kulmbach, und Dr. Steffen Coburger, Leiter des AWO Sozialzentrums Redwitz. Die pflege- und altenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Cordula Schulz-Asche, war ebenfalls vor Ort, während als Vertreterin der Jungen Pflege Baden-Württembarg Anna Kaltenbach dem von Prof. Dr. Thomas Klie, Justiziar der VdPB, moderierten Gespräch online zugeschaltet war.
Auf der Basis eines Memorandums, das die Ethik-Beraterinnen und -Berater der VdPB-Krisenberatung gemeinsam zu den Folgen der Corona-Pandemie verfasst haben, entwickelte sich nicht nur ein ausgesprochen lösungsorientiertes Gespräch, sondern auch reichlich Konsens hinsichtlich notwendiger Reformen, wichtiger Grundlagen und nicht zuletzt der Ziele einer guten Pflegepolitik, von der sowohl die Pflegenden als auch die Pflegeempfänger profitieren sollten.
Einig waren sich die Anwesenden, dass die derzeitigen Arbeitsbedingungen für Pflegende in krassem Widerspruch zur in der Pandemie bewiesenen Leistungsbereitschaft der Berufsgruppe stehen. Dass der Arbeitsalltag zu über der Hälfte aus Tätigkeiten besteht, die nicht direkt an den Bewohnerinnen und Bewohnern oder Patientinnen und Patienten stattfinden, widerspricht den Erwartungen, die Pflegende an ihren Beruf haben, was auch als mangelndes Vertrauen in den pflegerischen Kompetenzen wahrgenommen wird. Um dem entgegenzuwirken, bedürfe es einer flächendeckenden eigenverantwortlichen Selbstverwaltung der Profession Pflege, das Primat der Wirtschaftlichkeit müsse im Gesundheitswesen dem der Daseinsvorsorge weichen. Eine besondere Rolle bei der Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen komme den Kommunen zu: Nur dort könne festgestellt werden, wo die Bedarfe und die Defizite lägen und welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Akademisierung müsse zudem ausgebaut und beispielsweise durch die gesicherte Finanzierung der praktischen Anteile in der akademischen Ausbildung gefördert werden.
Der erste Pflegepolitische Jour Fixe hat sowohl den Vertreterinnen der Bundespolitik als auch den anderen Teilnehmenden und dem VdPB-Präsidium erneut gezeigt, dass wir uns auf einer spannenden und facettenreichen Reise in die pflegepolitische Zukunft befinden, bei der es auch von Bedeutung sein wird, welche Erkenntnisse und Versprechen den Bundestagswahlkampf, die Wahl selbst und natürlich auch kommende Koalitionsverhandlungen überstehen werden.
Krankenpfleger, Lehrer für Pflegeberufe, Leiter einer Pflegeeinrichtung in Altötting
Kinderkrankenpfleger, Stationsleiter Kinderchirurgie
in Augsburg
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