(Foto: Adobe Stock / Patila)
Mit Folgeprojekten zur Präventionsarbeit in der stationären Langzeitpflege und zur Ausweitung der Kultur- und Strukturentwicklung für eine gewaltfreie und gesunde Pflege in Bayern geht „Pflege in Bayern – gesund + gewaltfrei“ in die zweite Runde. Die Lebens- und Arbeitsumwelt in Pflegeheimen stetig zu verbessern, ist eine zentrale Herausforderung in der Gestaltung einer humanen stationären Langzeitpflege. Dies war bereits 2020 Anstoß für das Präventionsvorhaben „Pflege in Bayern – Gesund und Gewaltfrei“. Der Erfolg des bundesweit einmaligen Präventionsansatzes, finanziert von Kranken- und Pflegekassen in Bayern, wird nun fortgesetzt.
Während des gut zweijährigen Projektzeitraums von Oktober 2024 bis Dezember 2026 werden 30 bayerische Pflegeheime in ihrer Arbeit unterstützt, sich als Orte guten Lebens weiterzuentwickeln und für die Mitarbeitenden gesundheitsförderliche Arbeitsplätze zu bieten. Interessierte Träger und Pflegeeinrichtungen können bis zum 30.11.2024 ihr Interesse an einer Teilnahme an dem Projekt bekunden. Mit der entwickelten Präventionsstrategie werden sie darin unterstützt, Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden zu schaffen, die einerseits ihre Gesundheit fördern und sie gleichzeitig vor Überforderung, Gewalthandlungen und Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz schützen. Gleichermaßen sollen Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen vor allen Formen der Gewalt bewahrt werden.
„Im Vorläuferprojekt 2020-23 haben wir erlebt, wie wichtig die Überwindung von Sprachlosigkeit aus erlebter Hilflosigkeit in Überlastungs- und Dilemma-Situationen ist. Für das Thema Gewalt mit all seinen Facetten bestand bei den Mitarbeitenden in den Einrichtungen bereits eine hohe Sensibilität. Damit verband sich eine enorme emotionale Last, weshalb die Gesundheitsförderung auch im Folgeprojekt aus gutem Grund wieder eine tragende Rolle spielen wird. Der ganz wesentliche Erfolgsfaktor wird die Überwindung der Sprachlosigkeit sein, gemeinsam Gewalt mit ihren vielen Gesichtern zu thematisieren und nach Auswegen zu suchen“, sagt Dr. Claus Heislbetz, von der Hans-Weinberger-Akademie der AWO e.V., die das Projekt gemeinsam mit der AGP Sozialforschung auf den Weg gebracht hat.
Das Vorhaben greift erprobte Konzepte und Methoden auf, um das Bewusstsein und die Sensibilität für Formen von Gewalt in der Pflege zu schärfen und Kompetenzen zu stärken, Gewalthandlungen zu vermeiden und sogenannten gewaltgeneigten Situationen vorzubeugen und die Handlungskompetenz zu stärken. Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt zeigen, dass es möglich ist, flexibel an bestehende Maßnahmen und Erfolge in jeder teilnehmenden Einrichtung anzuknüpfen und die individuellen Herausforderungen jeder Einrichtung in den Mittelpunkt zu stellen. Um dem Leitsatz „gesund und gewaltfrei“ zu folgen und einen einrichtungsspezifischen Umgang mit herausfordernden Situationen zu finden, arbeiten Verantwortliche aus den Einrichtungen mit projektfinanzierten Prozessbegleitungen zusammen. Die Verantwortlichen in den Einrichtungen finden damit ihre je eigenen Wege in der Organisations- und Personalentwicklung, das Versprechen einzulösen, die Heime als Orte guten Lebens und Arbeitens zu gestalten, an denen Mitarbeitende ihre beruflichen Werte und ethischen Überzeugungen leben können.
Alle bayerischen Kranken- und Pflegekassen sowie der Freistaat Bayern fördern gemeinsam die Ziele des Präventionsansatzes und unterstützen das Projekt „Gesund und Gewaltfrei – Präventionsstrategie Bayern“. Das Teilprojekt „Gesund und Gewaltfrei – Prävention in Bayern“ wird kassenartenübergreifend gefördert, zum einen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V von folgenden Krankenkassen: AOK Bayern, den Betriebskrankenkassen in Bayern, der IKK classic, der KNAPPSCHAFT und den Ersatzkassen sowie zum anderen der Prävention in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI von der Pflegekasse der AOK Bayern, den Pflegekassen der Betriebskrankenkassen in Bayern, der Pflegekasse der IKK classic, der KNAPPSCHAFT, den Pflegekassen der Ersatzkassen und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Landwirtschaftliche Pflegekasse.
Dadurch ist die Teilnahme für vollstationäre Pflegeeinrichtungen kostenfrei.
Der Netzwerkaufbau und die Öffnung des Ansatzes über die teilnehmenden Einrichtungen hinaus im Teilprojekt „Gesund und Gewaltfrei – Kultur- und Strukturentwicklung in Bayern“ wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention gefördert. Bildungseinrichtungen können kostenfrei den bewährten Projektansatz kennenlernen und in das eigene Portfolio aufnehmen. Treffen und Hospitationen sind im Projektzeitraum vorgesehen und finanziert. Interessierte Bildungseinrichtungen in Bayern sind eingeladen, sich zur Teilnahme an Projekthospitationen und Netzwerktreffen zu bewerben und dabei zu unterstützen, den Ansatz der Organisationsentwicklung systematisch zu begleiten und in die Breite der Pflegelandschaft Bayerns zu tragen.
Zusätzlich wird der Projektzeitraum durch einen Fachbeirat begleitet, der das Thema und die Ergebnisse auch auf der Ebene der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung sowie bei Trägern und Leistungserbringerverbänden platziert. Die beteiligten Projekteinrichtungen werden schließlich darin unterstützt, ihre jeweiligen Vorgehensweisen und erfolgreichen Aktivitäten der Gesundheitsförderung und Gewaltprävention in ihrer Netzwerkarbeit im Sinne der Gewaltpräventionsstrategie (GPS) in ihren Trägerverbänden und in ihrer Gremienarbeit zu vertreten.
Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) unterstützt das Präventionsprojekt – wie schon im ersten Durchgang – durch ein Rechtscoaching für die Pflegefachpersonen in den Einrichtungen, die sich bei Rechtsfragen – kostenlos – an die VdPB wenden können. Sind es doch häufig Haftungsängste oder Unsicherheit in rechtlichen Fragen, die von Pflege- und Betreuungskräften als belastend erlebt werden und zu Gewaltanwendungen führen können. Das Rechtscoaching ist ein eigenständiger Beitrag der VdPB zum Präventionsansatz.
„Gewalthandlungen und entwürdigendes Verhalten berühren Menschen in ihren Menschen- und Freiheitsrechten. Sie sind demütigend und von daher nicht vereinbar mit dem Postulat von Menschenwürde. Das Projekt dient dazu, die Rechtswahrnehmung zu stärken, für rechtliche Grenzüberschreitungen zu sensibilisieren und neue gewaltfreie Wege ohne Haftungsangst gemeinsam einzuschlagen – oder weiter zu verfolgen“, beschreibt Prof. Dr. Thomas Klie, AGP Sozialforschung, eine der Intentionen des Projekts. Mit dem Kultur- und Strukturentwicklungsprojekt wird ein wichtiger Grundstein gelegt, die Präventionsstrategie „Gesund und Gewaltfrei“ auf lange Sicht interessierten stationären Einrichtungen der Langzeitpflege Bayerns zugänglich zu machen.
Weitere Infos zum Projekt finden Sie im Flyer.
Krankenpfleger, Lehrer für Pflegeberufe, Leiter einer Pflegeeinrichtung in Altötting
Kinderkrankenpfleger, Stationsleiter Kinderchirurgie
in Augsburg
Vereinigung der Pflegenden in Bayern
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