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Novum im Berufsanerkennungsverfahren: Fachsprachenprüfung für Gesundheitsfachberufe

Bereits 2019 hatte fast ein Viertel der über vier Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen in Deutschland Migrationshintergrund (Stand 2019; Jahresgutachten 2022 des Sachverständigenrats für Integration und Migration). Um den Patientenschutz und Versorgungsstandards dabei jederzeit zu gewährleisten, müssen sich Bewerber auf Berufsanerkennung in Deutschland oft fachlich nachqualifizieren und auch Sprachkompetenz nachweisen. Bislang reichte dazu in den Gesundheitsberufen das allgemeinsprachliche B2-Zertifikat. In der Praxis hat sich das allerdings nicht bewährt. Denn fehlende Kenntnisse der berufsspezifischen Fachsprache können nicht nur zu Verständigungsproblemen unter Kolleginnen und Kollegen, sondern auch zu Missverständnissen im Arbeitsablauf bis hin zu folgenschweren Behandlungsfehlern führen. Daher beschloss die Gesundheitsministerkonferenz bereits 2019 die Einführung einer bundeseinheitlichen Fachsprachenprüfung.

„Aus Gründen des Patientenschutzes und darüber hinaus – auch im Interesse der Sicherstellung einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit der Angehörigen aller Gesundheitsberufe – sind gute fachbezogene Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift auch im Bereich der Gesundheitsfachberufe unerlässlich.“, begründete die Gesundheitsministerkonferenz ihre Entscheidung. (Eckpunktepapier der 92. GMK am 5./6.Juni 2019 in Leipzig)

Vom Eckpunktepapier …

Die Grundlage für die Fachsprachenprüfung in den Gesundheitsberufen bildet das Eckpunktepapier der Gesundheitsministerkonferenz aus dem Jahr 2019. Dort wurden der theoretische Rahmen und bundeseinheitliche formale Vorgaben für die Fachsprachenprüfung der insgesamt 17 verschiedenen Gesundheitsfachberufe ausgearbeitet. Die Umsetzung ist jedoch Ländersache.

Die inzwischen konzipierte Fachsprachenprüfung orientiert sich weiterhin am allgemeinsprachlichen B2-Niveau, ist aber berufsspezifisch und auf die Überprüfung von Fachvokabular der jeweiligen Profession ausgelegt. Eine Ausnahme bildet die Anerkennung von Logopäden: Da Sprache und Sprechen sowohl Mittel als auch Gegenstand der Therapie sind, entspricht die Prüfung hier dem höheren Sprachniveau C2.

In Bayern sind bereits die ersten Berufsgruppen in ihre Fachsprachenprüfungen gestartet: Antragstellende Ergotherapeuten und Physiotherapeuten sind seit dem 1. Mai verpflichtet, die Fachsprachenprüfung abzulegen. Bis Juli 2023 sollen in Bayern alle weiteren Gesundheitsfachberufe nachziehen. Im Juli 2023 soll dann auch mit den Pflegenden die größte betroffene Berufsgruppe an den Start gehen.

… zur Umsetzung

Zuständig für die detaillierte Entwicklung und Organisation der Fachsprachenprüfung in Bayern ist das seit 2018 bestehende Landesamt für Pflege mit Sitz in Amberg in der Oberpfalz. Das Amt ist dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege nachgeordnet und eine wissenschaftliche Fachbehörde. Ein derzeit gut zehnköpfiges multiprofessionelles Team aus unter anderem Sprachwissenschaftlern, Angehörigen verschiedener Therapie- und Pflegeberufe, Betriebswirtschaftlern und Kaufleuten arbeitet seit August 2021 an der Ausgestaltung der Fachsprachenprüfung. Neben der konkreten inhaltlichen Entwicklung der Prüfungsunterlagen wurde die gesamte hierfür notwendige Verwaltungs- und Organisationsstruktur neu aufgestellt, eine Software zur Datenverarbeitung entwickelt und ein weites Kooperationsnetzwerk gespannt. Dieses besteht unter anderem aus dem Lehrstuhl Deutsch als Fremdsprache der Universität Regensburg, verschiedenen Kliniken, Anbietern von Anpassungsmaßnahmen, Berufsfachschulen und Berufsverbänden bayernweit sowie Expertengremien zur Fachsprachenprüfung aus anderen Bundesländern.

Fachsprache im Fokus

„Der Sprachtest dient vor allem der Überprüfung des Hörverstehens sowie der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit. Das Fachwissen der Antragstellenden darf in diesem Zusammenhang nicht überprüft werden“, heißt es im Eckpunktepapier der Gesundheitsministerkonferenz. Dennoch erfolgt die Konzeption der Prüfungsunterlagen anhand möglichst realitätsnaher Fallszenarien, die sich am Berufsalltag der jeweiligen Berufsgruppe orientieren. Im Rahmen von Gesprächssimulationen soll so die fachspezifische Sprachkompetenz in drei voneinander unabhängigen Prüfungsteilen überprüft werden. Jeder Teil ist in 20 Minuten zu absolvieren, wobei die ersten beiden Teile mündlich erfolgen, der letzte Teil schriftlich.
Abgenommen wird die Fachsprachenprüfung durch je einen Fachprüfer aus der Berufsgruppe und einen Sprachprüfer, der ein Hochschulstudium in Deutsch als Fremd-/Zweitsprache nachweisen kann und bestenfalls über eine vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugelassene Zusatzqualifikation für Deutsch als Fremd-/Zweitsprache verfügt. So soll der sprachliche Bewertungsschwerpunkt gewährleistet werden. Anhand eines strukturierten und skalierten Bewertungsbogens wird abschließend ermittelt, ob die für die Berufsausübung erforderlichen Fachsprachkenntnisse nachgewiesen werden können.

Noch Fragen?

Zentrale Koordinierungsstelle für die Anmeldung zur Fachsprachenprüfung ist die jeweils zuständige Bezirksregierung. Diese entscheidet darüber, ob die Fachsprachenprüfung abgelegt werden muss und übermittelt automatisch die Kontaktdaten der sich im Anerkennungsverfahren befindenden Prüfungsteilnehmer an das Landesamt für Pflege, welches dann zu einem späteren Zeitpunkt Prüfungstermine vergibt. Die Prüfungsgebühr beträgt 350 Euro und muss von den Prüfungsteilnehmern selbst getragen werden. Weiterführende Informationen und FAQ zum genauen Ablauf der Fachsprachenprüfung finden Sie online unter www.lfp.bayern.de/fachsprachenpruefung.

Ausblick

Am Landesamt für Pflege laufen die Konzeptionsaufgaben für die noch ausstehenden Fachberufe daher auf Hochtouren: Die Prüfungs- und Bewertungsunterlagen werden mit Expertenkomitees auf fachlicher und sprachlicher Seite ausgearbeitet, erprobt und getestet, die Testdurchläufe werden von Probanden evaluiert.

Neben Bayern arbeiten derzeit auch die Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachen, Berlin und Rheinland-Pfalz an der Umsetzung der Fachsprachenprüfung. Die Stichtage und Übergangsfristen zur Einführung variieren von Herbst 2022 bis 2024.

Übrigens: Einer gesonderten Fachsprachenprüfung bedarf es ausnahmsweise unter anderem dann nicht, wenn die oder der Antragstellende Folgendes vorweist: Deutsch als Muttersprache oder mindestens zehnjährige abgeschlossene allgemeinbildende Schulbildung an einer deutschsprachigen Schule oder mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung in deutscher Sprache. Die Entscheidung, ob eine Fachsprachenprüfung abzulegen ist, liegt bei der zuständigen Regierung, bei der der Antrag auf Anerkennung gestellt wurde.

 

 

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Georg Sigl-Lehner

Präsident der VdPB, Krankenpfleger, Lehrer für Pflegeberufe, Leiter einer Pflegeeinrichtung in Altötting

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Michael Wetterich

Kinderkrankenpfleger, Stationsleiter Kinderchirurgie
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